ECHT – EMPOWERED – ERFOLGREICH

Interview mit Mag. Angelika Sommer-Hemetsberger

Eine aktuelle Umfrage des Bankenverbandes zeigt: bei den Mitgliedern des Bankenverbandes gibt es wenige Frauen in Führungspositionen. Auch die Banken als Arbeitgeber sind dabei gefragt.

Frauen in Vorstandspositionen sind noch immer eine Rarität. Bei den Mitgliedsbanken des österreichischen Bankenverbandes sind zehn Prozent der Vorstandsposten weiblich besetzt. Dass es auch anders geht, beweist Angelika Sommer-Hemetsberger. Sie ist Mitglied des Vorstands bei der Oesterreichischen Kontrollbank und weiß, dass es für die geringe Anzahl an Frauen unterschiedliche Gründe gibt. Knapp 40 % der OeKB-Führungskräfte sind weiblich. Ein recht hoher Anteil. Mit Blick auf die gesamte Belegschaft sieht Sommer-Hemetsberger aber noch Aufholbedarf: „Insgesamt haben wir einen Frauenanteil von 55 %. Die Diskrepanz in der Verteilung von Belegschaft und Führungskräften zeigt uns aber, dass es noch einiges zu tun gibt. ‟

Diversität als Strategie

Ein wichtiger Baustein ist die Diversitätsstrategie der OeKB. Um den Frauenanteil bei Führungspositionen zu erhöhen, wird bereits bei den Förderprogrammen für Nachwuchsführungskräfte darauf geachtet, dass mindestens 50 % der Teilnehmenden weiblich sind. „Da es bei Jobausschreibungen von Führungspersonen um persönliche Eigenschaften geht, ist es umso wichtiger, weibliche Nachwuchskräfte in unseren Ausbildungsprogrammen ausreichend zu fördern‟, erklärt Sommer-Hemetsberger.

Verantwortung muss gelernt sein

Wie wichtig die Entwicklung persönlicher Eigenschaften ist, veranschaulicht Sommer-Hemetsberger an ihrem eigenen Karriereweg. Als Quereinsteigerin bei der OeKB sei sie zunächst eigentlich nur für einige Spezialaufgaben geholt worden. Die Erfahrung, Verantwortung für weitere Bereiche übernehmen zu können und dabei das Vertrauen ihrer Vorgesetzten zu genießen, sei auch für ihre persönliche Entwicklung wichtig gewesen. „Zu wissen, wie es ist, von den Kolleginnen und Kollegen Rückendeckung zu bekommen, hat mir sehr dabei geholfen, Herausforderungen mit dem nötigen Selbstbewusstsein anzugehen.” Einen Vorteil in der Ausbildung junger Führungskräfte sieht Sommer-Hemetsberger deshalb auch in der Größe der OeKB, die es Nachwuchstalenten früh ermöglicht, Verantwortung in kleineren Bereichen zu übernehmen.

Persönliche Netzwerke

Als Führungskraft wichtige Entscheidungen zu fällen, ist nicht immer einfach. Um von den Kenntnissen und Erfahrungen des persönlichen Netzwerkes zu profitieren, lohnt es sich deshalb, dieses frühzeitig aufzubauen. „Netzwerke können einem helfen, Fehler zu vermeiden und die richtigen Entscheidungen zu treffen.” Als besonders wertvoll sieht Sommer-Hemetsberger den Austausch und die externe Perspektive, die ein persönliches Netzwerk bieten können. „Wenn jemand so wie ich über 23 Jahre im selben Unternehmen tätig ist, ist es hilfreich, Ideen mit einem externen Sparringspartner auszutauschen und so auch eine neue Sicht auf bestimmte Dinge zu bekommen.”

„Das selbstsichere Treffen von Entscheidungen sowie ein gekonnter Umgang mit Misserfolgen sind wichtige Fähigkeiten, die wir gerade auch bei unseren weiblichen Nachwuchsführungskräften fördern möchten‟, fasst Sommer-Hemetsberger die elementaren Fähigkeiten, die auch ihren eigenen Berufsweg geprägt haben, zusammen.

 

„Viele Aufgaben sind oft spannender, als man denkt“

OeKB-Vorstandsmitglied Angelika Sommer-Hemetsberger über Diversitätsstrategie, Nachwuchsförderung und warum Unternehmen mehr als einen Job bieten müssen

Angelika Sommer-Hemetsberger im Interview mit Doris Zingl




Zingl: Frau Sommer-Hemetsberger, seit Sie 1998 bei der Oesterreichischen Kontrollbank begonnen haben, ist Ihre Karriere stetig bergauf gegangen. War es schon immer Ihr Ziel, Vorständin zu werden?

Sommer-Hemetsberger: Nein, das war es nicht. Wichtig war mir, einen interessanten und abwechslungsreichen Job zu haben, an dem ich persönlich Spaß habe. Das hat mich letztendlich 1998 auch zur OeKB gebracht.

Zingl: Wie gehen Sie mit Aufgaben um, die nicht viel Spannung versprechen?

Sommer-Hemetsberger: Viele Aufgaben sind oft spannender, als man denkt. Als Quereinsteigerin im Bereich Rechnungswesen gab es für mich zu Beginn meiner Laufbahn einige Themenfelder bei der OeKB, in denen ich kaum Vorwissen hatte und die ich als weniger spannend empfand. Das Vertrauen meiner Vorgesetzten, mir Aufgaben in Bereichen zu übergeben, in die ich hineinwachsen musste, hat mir in meiner Karriere jedoch sehr geholfen. Mein Anspruch, Verantwortung zu übernehmen, hat mich dann immer mehr in die Mitte des Geschäfts gezogen.

Zingl: Viele Frauen sind sehr selbstkritisch, wenn es um Herausforderungen geht. Wie ist das bei Ihnen?

Sommer-Hemetsberger: Ich versuche, mich eigentlich immer den Herausforderungen zu stellen. Selbstkritische Gedanken habe ich aber auch schon bei mir selbst erlebt. Die erste Frage, die ich mir gestellt habe, nachdem man mir die Vorstandsposition angeboten hat, war, ob ich mir diese Aufgabe überhaupt zutraue. Mir aber bewusst zu machen, welche Kenntnisse ich über die OeKB in wirtschaftlicher, aber auch in menschlicher Hinsicht habe, war ausschlaggebend. Zu wissen, welches Potenzial die OeKB hat, war für meine Entscheidung ein wichtiger Faktor.

Zingl: Also etwa die Förderung von Diversität? Eine aktuelle Umfrage des Bankenverbands zeigt, dass nur zehn Prozent aller Vorstandsposten in unseren Banken mit weiblichen Vorständen besetzt sind. Welche Gründe gibt es dafür?

Sommer-Hemetsberger: Ich denke, dass es insbesondere zu Beginn der beruflichen Laufbahn wichtig ist, Frauen die Möglichkeit zu geben, Verantwortung zu übernehmen. Das bedeutet auch, Erfahrungen zu sammeln, wie es ist, Rückendeckung zu bekommen und von Kolleginnen und Kollegen unterstützt zu werden.
 

Zingl: Wie funktioniert die Förderung von Frauen in der OeKB?

Sommer-Hemetsberger: Wir haben dafür eine eigene Diversitätsstrategie. In Programmen für unsere Nachwuchsführungskräfte setzen wir gezielt darauf, dass zumindest 50 % der Teilnehmenden weiblich sind. Wir haben mit 55 % Frauenanteil in unserer Belegschaft eine sehr hohe Quote. In den Führungspositionen haben wir mit 40 % Frauenanteil aber noch Aufholbedarf. Da es bei den Jobausschreibungen um persönliche Fähigkeiten und fachliche Kenntnisse geht, ist es für uns umso wichtiger, weibliche Nachwuchskräfte in unseren Ausbildungsprogrammen ausreichend zu fördern. Als kleines Institut haben wir dabei den Vorteil, es unseren Nachwuchskräften schon frühzeitig zu ermöglichen, Verantwortung zu übernehmen.


Zingl: Es gilt aber ja nicht nur, Talente auszubilden, sondern diese dann auch zu halten.

Sommer-Hemetsberger: Richtig. Wichtig dafür ist, dass die Rahmenbedingungen stimmen. Wir müssen also auch ein Umfeld für Frauen oder junge Eltern bieten, in welchem Familie und Beruf miteinander vereinbar sind. Auch immer mehr Jungväter nehmen sich des Themas Elternkarenz an, was mich wirklich freut, denn es zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind.


Zingl: Wie stehen Sie dabei zur digitalen Transformation? Kann mehr Flexibilität bei Arbeitszeiten und Arbeitsorten Frauen helfen, in Führungspositionen aufzusteigen?

Sommer-Hemetsberger: Die Pandemie hat ganz klar gezeigt, welche Vorteile Flexibilität bieten kann und dass man als Arbeitgeber mehr bieten muss als nur einen Job. Flexibilisierung wird uns sicher auch in Zukunft erhalten bleiben, denn bei der Umstellung auf Homeoffice haben wir gesehen, wie das funktionieren kann. Herausforderungen sehe ich allerdings beim Zusammenhalt und der Kreativität. Hierfür wird in Zukunft eine vernünftige Mischung aus Homeoffice- und Bürozeiten nötig sein.

Grundsätzlich denke ich jedoch, dass es Frauen durchaus helfen kann, Beruf und Familie besser zu vereinbaren. Man sollte nur aufpassen, dass die Flexibilität für Frauen nicht zur Doppelbelastung wird, wie es teilweise in der Homeoffice- und Homeschooling-Situation der Fall war.


Zingl: Stichwort ‚gemeinsam arbeiten’: Wie wichtig ist denn für den beruflichen Aufstieg aus Ihrer Sicht ein Netzwerk?

Sommer-Hemetsberger: Wenn man sich innerhalb eines Unternehmens weiterentwickelt, so wie es bei mir der Fall ist, ist es wichtig, sich mit einer Person, die eine externe Perspektive einnimmt, austauschen zu können. Netzwerke können einem helfen, Fehler zu vermeiden und die richtigen Entscheidungen zu treffen. Ich sehe sie aber weniger als Möglichkeit für Jobchancen an.


Zingl: An welche Entscheidungen denken Sie dabei besonders gerne?

Sommer-Hemetsberger: Das sind meistens Personalentscheidungen. Wenn sich Personen weiterentwickeln und ihr Potenzial ausschöpfen und man zusehen kann, wie sich eine ganze Organisation damit weiterentwickelt.


Zingl: Zum Abschluss noch: Gibt es einen Ratschlag von Ihnen, den Sie Frauen für ihre Karriere mitgeben wollen?

Sommer-Hemetsberger: Sich selbst treu zu bleiben und zu wissen, was einen motiviert und als Person ausmacht. Ich denke, wenn man als Person mit sich selbst im Reinen ist, dann funktionieren die Dinge viel besser, und man kann selbstbewusst Herausforderungen angehen und auch aus Misserfolgen lernen.