ECHT – EMPOWERED – ERFOLGREICH

Interview mit Mag. Beate Wolf

Wer Führungskraft werden möchte, muss auf Vieles achten. Wertvoll sind vor allem ein guter Mentor, ein starkes Netzwerk und ein gutes Selbstbewusstsein, findet Beate Wolf, zum Zeitpunkt des Interviews Valida-Vorständin.

Im Rahmen unserer Gender Diversity-Initiative sprechen wir mit Frauen aus dem Finanzwesen über ihren Weg in eine Führungsposition und was es dazu braucht, Führungskraft zu werden. Immer wieder taucht dabei die Forderung nach struktureller Förderung von Frauen auf.

MentorInnen als Wegweiser

Förderprogramme für Nachwuchsführungskräfte bringen viele Vorteile. Einer dieser Vorteile ist die Möglichkeit, MentorInnen zu finden. Wie wichtig ein Mentor für die persönliche Entwicklung, aber auch für die Karriere sein kann, weiß auch Beate Wolf. Besonders schätzt sie die Möglichkeit, sich auszutauschen und Gedanken zu einem bestimmten Thema zu teilen. „Mir hat es sehr geholfen, eine externe Meinung zu Themen, die mir wichtig sind, zu bekommen und so reflektierter handeln zu können.”

Der Forderung, Mentoring- und Fördermöglichkeiten struktureller in Unternehmen zu verankern, schließt Wolf sich an. „Auch ich wurde erst von einem Coach auf die Vorteile, die ein Mentor bieten kann, hingewiesen.“

Networking

MentorInnen bieten nicht nur die Möglichkeit sich auszutauschen, sondern bereichern auch das persönliche Netzwerk. Wer sich sein persönliches Netzwerk aufbaut, sollte jedoch einige Punkte beachten. Ein persönliches Netzwerk, betont Wolf, besteht nicht nur aus Personen, die man kennt, sondern es lebt von den Inhalten, die hineintransportiert werden. Ein gutes Netzwerk sei vor allem zwei Dingen geschuldet. „Sympathie ist ein wichtiger Faktor, viel wichtiger ist es allerdings, dass ich mich zu relevanten Inhalten äußere und so meinem Netzwerk auch selbst einen Mehrwert biete. Mit einem bestimmten Thema in Verbindung gebracht zu werden, hat mir bei der Entwicklung meines Netzwerkes sehr viel geholfen. Wer nur auf Smalltalk setzt, wird schnell merken, dass es für ein gutes Netzwerk mehr braucht.”

Das Vorurteil, Männer seien die besseren Netzwerker, kann Wolf unterdessen nur bedingt bestätigen. Netzwerke seien immer auch ein Ergebnis von Arbeit und Zeit, die in diese hineinfließen. „Dass Männer oft die besseren Netzwerke haben, liegt vor allem daran, dass sie oft mehr Zeit dafür aufwenden. Grund dafür ist aber auch, dass Männer früher mit Networking in Kontakt kommen.“ Einige Frauen könnten sich in dieser Hinsicht ein Stück weit mehr an ihren männlichen Kollegen orientieren, findet Wolf.

Eine Sache des Selbstbewusstseins

Der Weg zur Führungskraft ist nicht immer einfach. Während ein Mentor oder ein starkes Netzwerk durchaus dabei helfen können, sich weiterzuentwickeln, ist für das Erreichen der hochgesteckten Ziele das persönliche Engagement entscheidend, denn selbstbewusst und aktiv aufzutreten öffnet viele Türen. „Wenn es um Schlüsselpositionen geht, wird man nicht an der Hand geführt, sondern muss zeigen, dass man diese entscheidend ausfüllen will und entsprechend handeln kann”, betont Wolf die Wichtigkeit des persönlichen Engagements. „Wer in eine Führungsposition möchte, der muss aktiv dafür sorgen, gesehen und gehört zu werden, aber auch durch seine geleistete Arbeit überzeugen.”

Dass es bislang wenige Frauen in Führungspositionen gibt, wirkt sich auch auf die Performance aus. So belegen verschiedene Studien, dass gemischte Führungsteams die besten Ergebnisse erzielen. Die Kritik, dass Frauen in Führungspositionen sich oft kritische Fragen gefallen lassen müssten, sieht Wolf auch als Vorteil. „Wer als Frau in der Rolle eines CEOs ist, hat viel mehr Erfahrung damit, auf Kritik zu reagieren, aber auch selbst kritisch vorauszudenken.”

Und in Zukunft?

Frauen, so ist sich Wolf sicher, werden in Zukunft wesentlich regelmäßiger Führungspositionen bekleiden. Flexiblere Arbeitszeiten und -modelle werden von vielen als Lösung angesehen, um Arbeits- und Privatleben besser vereinen zu können und stärker auf individuelle Bedürfnisse einzugehen. Auch Wolf sieht Vorteile darin, Teilzeit-Modelle anzubieten, hat jedoch auch die Nachteile im Blick. „In Teilzeit zu arbeiten kann temporär eine große Hilfe darstellen, Berufs- und Privatleben gut miteinander zu vereinen. Langfristig braucht es aber andere Lösungen, gerade in Hinblick auf die Altersvorsorge.“ Ein berechtigtes Argument, denn wer lange in Teilzeit arbeitet bekommt im Alter meist nur eine geringe Rente ausbezahlt. Neben stärkerer Flexibilität gibt es aber auch noch andere Gründe, warum wir bald mehr Frauen in Führungspositionen erwarten können. Das Arbeitsleben, so Wolfs Überzeugung, unterläuft eine grundsätzliche Transformation. „Frauen agieren immer selbstbewusster auf dem Arbeitsmarkt, und auch die MitarbeiterInnen erwarten sich immer mehr Heterogenität und Durchlässigkeit für die Unternehmensführung”. Wolfs Fazit ist eindeutig. Für sie besteht kein Zweifel daran, dass sich diese Veränderung der Einstellung bald auch in einer stärkeren weiblichen Besetzung von Führungspositionen widerspiegeln wird.


„Erfolgsfaktoren sind Vertrauen auf die eigenen Fähigkeiten, Fleiß und Spaß an den eigenen Aufgaben.“

Im Interview mit dem Bankenverband erzählt Beate Wolf, zum Zeitpunkt des Interviews Vorständin der Valida, worauf es für Sie ankommt.

Beate Wolf im Interview mit Valeska Grond-Szucsich
 

Grond: Im Rahmen unserer Gender-Diversity-Initiative sind Sie als Vorständin der Valida ein Vorbild für weibliche Nachwuchstalente. Wie wird man denn Vorständin, muss man sich so etwas von Anfang an zum Ziel setzen?

Wolf: Nein, das kann man, denke ich, so nicht sagen. Allerdings bin ich in einer Familie mit eigenem Unternehmen aufgewachsen. Der Gedanke, einmal ein Unternehmen zu leiten und MitarbeiterInnen zu führen, war grundsätzlich schon früh da und hat mich immer fasziniert. Meine Karriere habe ich eigentlich im internationalen Tourismus begonnen, wo ich sehr schnell Führungsaufgaben übernommen habe. Nach meinem Wechsel in die banknahe Finanzwelt konnte diese Entwicklung Schritt für Schritt fortsetzen.


Grond: Gab es Personen, die Sie besonders geprägt haben?

Wolf: Klar, vor allem in meiner Familie gibt es mit meiner Mutter und Großmutter Vorbilder, die das Familienunternehmen geführt haben. Auch meine Schwiegermutter, eine Bezirksschulinspektorin, ist eine inspirierende Frau mit viel Führungspower. In beiden Branchen konnte ich mir aber natürlich auch von sehr guten männlichen Führungskräften einiges abschauen und lernen.


Grond: In welchen Situationen haben Ihnen diese Vorbilder besonders geholfen?

Wolf: Ich denke da vor allem an meinen Mentor, ein Vorstand in der Raiffeisen Gruppe, der mich auf meinem Weg zur Vorständin viel unterstützt hat. Er hat mich immer wieder motiviert, den nächsten Schritt zu gehen. Mentoring bedeutet, dass sich der Mentor Zeit nimmt, sich die Themen des Mentees anzuhören, und dazu seine ehrliche Meinung sagt. Diese inspirierenden Gespräche beinhalten auch die Möglichkeit, einen ganz anderen Zugang zu einem Thema kennenzulernen, als man selbst hat – das ist extrem spannend.

Einen Mentor zu suchen, der viel Know-how, aber auch Einfluss hat, kann also durchaus der eigenen Karriere helfen. Ein Mentor im selben Unternehmen kann beispielsweise seinem Mentee eine Bühne geben – aber der Mentee muss bereit sein, sichtbar zu sein und hier selbst ganz aktiv tätig werden. Von einem institutionalisierten Mentoring-Programm können Frauen bestimmt profitieren.


Grond: An welche Vorteile denken Sie dabei?

Wolf: Mir hat es sehr geholfen, eine externe Meinung zu Themen, die mir wichtig sind, zu bekommen und so reflektierter handeln zu können. Gleichzeitig erweitert und bereichert ein Mentor das persönliche Netzwerk. Mentoring-Programme strategischer aufzusetzen und anzubieten, sollte daher viel mehr im Fokus stehen, denn auch ich habe erst einen Coach gebraucht, der mich auf die Vorteile hingewiesen hat. Ich versuche deshalb, auch selbst ein Mentor für meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu sein und diese zu ermutigen, den nächsten Schritt zu gehen.


Grond: Um nächste Schritte zu gehen, braucht es aber nicht nur einen Mentor. Welche persönlichen Eigenschaften muss man mitbringen, um in eine Führungsposition zu gelangen?

Wolf: Auf jeden Fall den Willen, sich aktiv einzubringen und zu zeigen, dass man bereit ist, eine Führungsrolle zu übernehmen. Denn wenn es um Schlüsselpositionen geht, wird man nicht mehr an der Hand geführt, sondern muss zeigen, dass man dies selbst will und entsprechend handeln kann. Mich hat auch niemand einfach gefragt, ob ich Vorständin werden möchte. Es gehört auch dazu, einen guten Job zu machen, selbst mal zum Hörer zu greifen und dafür zu sorgen, wahrgenommen zu werden. Natürlich ist es aber trotzdem wichtig, auf ein gutes Netzwerk zurückgreifen zu können, das man etwa über die MentorInnen aufbauen konnte.


Grond: Es heißt ja oft, dass Männer besser netzwerken als Frauen. Was halten Sie denn für ein gutes Netzwerk?

Wolf: Männer sind oft sehr gute Netzwerker, das stimmt. Das hat, denke ich, viel damit zu tun, dass es für viele Männer schon seit ihrem Studium normal ist, in Netzwerken aktiv zu sein und auch mehr Zeit in diese zu investieren. Viele Frauen können sich davon sicher noch etwas abschauen. Netzwerkpflege, das hat ja auch meine eigene Geschichte gezeigt, kann ein ganz wichtiger Erfolgsfaktor sein. Wichtig dafür ist vor allem, mit Inhalten zu überzeugen, sich gezielt relevante Themen, über die man sprechen mag, auszusuchen. Natürlich gehört auch Sympathie zu einem guten Netzwerk, aber ein Netzwerk lebt von seinen Inhalten, und wer nur Smalltalk dazu beiträgt, schafft auch für sich selbst keinen Mehrwert.


Grond: Was, finden Sie, war denn abgesehen von einem guten Netzwerk noch wichtig für Ihr Berufsleben?

Wolf: Das sind für mich drei Dinge. Erstens in die eigenen Fähigkeiten vertrauen und auch einfach mal sagen „Fremde Themen sind kein Problem für mich, da kann ich mich einarbeiten.‟ Ich musste als Vorständin zum Beispiel die „Fit & Proper“-Prüfungen ablegen, die Zeit, sich dafür vorzubereiten, war jedoch denkbar knapp. Dank dieser Prüfungen kenne ich mich mittlerweile sehr gut mit dem Pensionskassengesetz und dem Vorsorgekassengesetz aus. Weiters hat es natürlich auch Fleiß gebraucht, ebenso sollte man immer versuchen, Spaß an seinen Aufgaben zu haben und motiviert zu bleiben.


Grond: Oft wird der Führungsstil von Frauen anders bewertet als der von Männern. Gleichzeitig zeigen Studien, dass gemischte Führungsteams bessere Resultate erzielen. Wie sehen Sie das?

Wolf: Ich denke, der Führungsstil ist vor allem eine Charaktersache und unabhängig von Gender und Geschlecht. Was ich aber durchaus feststelle, ist, dass Frauen in Führungspositionen viel eher kritisch hinterfragt werden. In Bezug auf gemischte Führungsteams glaube ich, dass vor allem die Mischung unterschiedlicher Einflüsse dazu führt, dass Entscheidungen im Vorhinein vielleicht mehr diskutiert werden.


Grond: Erwarten Sie in Zukunft mehr Frauen in Führungspositionen?

Wolf: Ja, definitiv. Ich glaube, wir stehen strukturell in der Arbeitswelt vor einem großen Umbruch. Zum einen agieren Frauen in der Arbeitswelt immer selbstbewusster, viel wichtiger aber noch, die Art, wie wir alle zusammenarbeiten, verändert sich. Frauen werden in Zukunft viel stärker in Führungspositionen vertreten sein, auch weil die MitarbeiterInnen mehr Heterogenität und Durchlässigkeit erwarten.


Grond: Glauben Sie, dass Teilzeit-Konzepte dazu beitragen können?

Wolf: Ja und nein. Ich selbst habe als Führungsperson in Teilzeit begonnen. Phasenweise ist es sicher eine gute Lösung, um Berufs- und Privatleben besser vereinen zu können. Als Dauerlösung sehe ich es aber nicht. Zum einen ist die Vorstellung noch immer weit verbreitet, dass man als Führungskraft Vollzeit im Unternehmen sein muss. Zum anderen ist das Thema Altersvorsorge wichtig, denn wer über zehn oder zwanzig Jahre in Teilzeit arbeitet, bekommt auch in der Pension geringere Bezüge.


Grond: Welchen Tipp für die Karriere würden Sie jungen Menschen, die den Großteil ihres Berufslebens vor sich haben, mitgeben?

Wolf: Man sollte sich fragen, ob man eine Fach- oder Führungskarriere einschlagen möchte. Diese Frage musste auch ich mir zu Beginn meiner Zeit bei Raiffeisen stellen, und dann muss man den Mut haben, einfach in diese Richtung loszustarten.