ECHT – EMPOWERED – ERFOLGREICH

Interview mit Mag. Maria Steiner

Seit dem Frühjahr 2021 ist Maria Steiner als Vorständin der oberösterreichischen VKB-Bank für die Risikolenkung zuständig. Sie betont, dass es nicht das eine Erfolgsrezept gibt, aber eine Menge guter Zutaten.

Für Steiner sind Zutaten nicht nur soziale Kompetenzen und Networking, sondern ein gewisses Grundvertrauen in sich selbst. „Zu signalisieren, man möchte Verantwortung übernehmen“ und dabei das Gefühl zu vermitteln, „optimistisch zukünftigen Aufgaben und Herausforderungen entgegenzublicken“ sei elementar, um für Führungsaufgaben infrage zu kommen.

Persönlich kann eine Menge getan werden, um Führungspositionen zu übernehmen und auf der Karriereleiter nach oben zu klettern. Doch wieso ist der Frauenanteil in Führungspositionen im österreichischen Bankensektor so gering? Müssten Frauen einfach zeigen, mehr Verantwortung übernehmen zu wollen? „Wohl kaum“, findet Steiner. „Es gibt vielleicht einzelne Fälle, in denen das der Fall ist, in Summe sind andere Faktoren entscheidend.“ Das Argument, es gäbe oftmals zu wenig geeignete Kandidatinnen, mag Steiner insbesondere im Bankenbereich nicht gelten lassen. „Sicher, in einigen vielleicht eher technischen Bereichen gibt es wenige weibliche Kandidatinnen. Das hängt dort möglicherweise mit der geringen Anzahl an Absolventinnen zusammen. Das bedeutet aber, in diesen Bereichen muss schon viel früher angesetzt werden. Im Bankenbereich sehe ich dieses Problem jedoch nicht.“ Es gäbe also genügend geeignete und qualifizierte Kandidatinnen für Führungspositionen, erklärt Steiner. Wo es noch Handlungsbedarf gibt, sei dagegen das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder Karriereplanung. Denn ein zentraler Faktor dafür, dass Frauen nicht so einfach in Führungspositionen aufsteigen, ist oft, dass Familiengründung und Karriereaufbau zeitlich zusammenfallen. „Es fällt zu vielen Frauen schwer, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Mehr Zeitsouveränität ist daher ein wichtiger Baustein zu mehr Chancengleichheit. Für Entscheidungen in der Karriereplanung und das Auftreten im Job hat das riesige Auswirkungen.“

Unternehmenskultur und Flexibilität als Lösung

Welche Lösung könnte es für dieses strukturelle Problem geben? Eine maßgebliche Rolle spielen Unternehmen und die Kultur, die in ihnen vorgelebt ein. „Es braucht eine Unternehmenskultur, in der Frauen ermutigt und gefördert werden“, fordert Steiner. Dazu gehört, wo möglich Flexibilität zu bieten bei Arbeitsort und Arbeitszeiten. Insbesondere die letzten zwei Jahre, findet Steiner, hätten dazu beigetragen, Unternehmen von mehr Flexibilität zu überzeugen. „Vor Corona war hybrides Arbeiten nur etwas für große internationale Unternehmen. Das hat sich deutlich geändert.“ Nicht zu unterschätzen seien auch Teilzeitmodelle, die temporär verändert werden könnten, oder etwa geteilte Führungsaufgaben. „Familie und Arbeit zu vereinbaren, erfordert eine Menge Organisation, Improvisation und Flexibilität von Unternehmen und Beschäftigen.“

Obwohl viele Entwicklungen bereits in die richtige Richtung gehen, sieht Steiner in vielen Bereichen Aufholbedarf. „Wir müssen ein familienfreundliches Klima schaffen. Wir müssen Karenz- und Betreuungslösungen flexibler gestalten, um Frauen zu ermöglichen, ohne den Ruf der Rabenmutter wieder früher in ihren Job einzusteigen. Gleichzeitig müssen wir mehr Männer dazu ermutigen, Karenz überhaupt in Anspruch zu nehmen.“

Als Bank die Zukunft gestalten

Für die Banken wird es in Zukunft viele Veränderungen geben, ist sich Steiner sicher. Diese Zukunft mitzugestalten, ist eine Aufgabe der Banken. Gerade in den Bereichen „Employer Branding“ und „Talent Attraction“ könnten sich die Banken beweisen. „Wir sprechen zu viel vom Fachkräftemangel. Gerade im Bankenbereich haben wir aber genügend qualifizierte Arbeitskräfte. Wir müssen auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter eingehen. Wenn wir ihnen dabei helfen, ihr Potenzial zu entfalten, profitieren alle.“ Doch die Zukunft muss nicht nur für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gestaltet werden. Ein zentrales Augenmerk muss auf den Kundinnen und Kunden liegen. „Der finanzielle Lebensweg von Männern und Frauen unterscheidet sich oft stark. Umso wichtiger ist es, Frauen gezielt anzusprechen und ihre Bedürfnisse zu adressieren.“ Ein Problem: „Viele Frauen vernachlässigen aus verschiedenen Gründen, etwa langer Teilzeit-Anstellung oder Fokus auf Kinderbetreuung, ihre finanzielle Zukunft.“ Man müsse, so Steiners Fazit, Frauen anders sensibilisieren als Männer. Bei der Produktberatung selbst sieht sie jedoch keine Unterschiede. „Am Ende sind die Fakten und Zahlen das, worauf es ankommt.“ Als besonders einflussreich empfindet Steiner den Digitalisierungsprozess. „Die Digitalisierung wird vieles vereinfachen, vor allem in der Kommunikation und Informationsbeschaffung. Gerade bei komplexen Produkten wird die persönliche Beratung aber weiterhin das A und O bleiben.“


"Es wird für Frauen selbstverständlicher werden, Führungspositionen zu besetzen."

Maria Steiner leitet als Vorständin der oberösterreichischen VKB-Bank den Bereich Risiko. Im Interview erzählt sie, was eine positive Unternehmenskultur für mehr Gender Diversity bedeutet.

Maria Steiner im Interview mit Doris Zingl
 

Zingl: Frau Steiner, Ihr Lebenslauf liest sich beeindruckend. Nach Ihrem Studium haben Sie bei der Chase Manhattan Bank begonnen zu arbeiten, konnten in Ihrer Karriere schon zahlreiche Führungspositionen übernehmen und steuern seit 2021 als Vorständin das Risiko der VKB-Bank. Was waren für Sie rückblickend die entscheidenden Erfolgsfaktoren, um als Frau in der Finanzwirtschaft aufzusteigen? Gibt es für Frauen besondere Herausforderungen?

Steiner: Es ist, glaube ich, sehr wichtig zu signalisieren, dass man Verantwortung übernehmen möchte und den zukünftigen Aufgaben und Herausforderungen optimistisch entgegensieht. Mein Motto lautet „never give up“. Ebenso wichtig ist das Netzwerken, da können sich Frauen noch etwas abschauen von den Männern. Generell, soziale Kompetenzen spielen eine ganz wichtige Rolle.
 

Zingl: Man hört ja oft von Unternehmen, dass sie gerne Frauen in Führungspositionen einstellen würden, aber keine passenden Bewerberinnen finden. Was halten Sie von dieser Aussage? Gibt es zu wenige Frauen, die sich für eine Führungsposition bewerben?

Steiner: Das lässt sich in einigen Branchen nicht ausschließen. Ich kann mir vorstellen, dass das in technischen Bereichen, wo die Zahlen der weiblichen Absolventinnen immer noch deutlich niedriger sind, der Fall ist. In der Folge sind dort weniger geeignete Kandidatinnen für Führungspositionen vorhanden. Das zeigt aber, dort muss noch früher angesetzt werden, um Frauen zu fördern. Im Bankenbereich ist das aber nicht der Fall, hier gibt es definitiv genügend kompetente Frauen.
 

Zingl: Woran liegt es dann, dass gerade einmal zehn Prozent der Vorstände in den österreichischen Banken weiblich sind?

Steiner: Das liegt mitunter am Klima im Unternehmen. Es braucht eine Unternehmenskultur, in der Frauen ermutigt und gefördert werden. Zum anderen liegt es möglicherweise an den Frauen selbst, die sich selbst zu wenig zutrauen. Dieser Mut und das Voranpreschen, das fehlt teilweise. Das ist sicher ein wichtiger Punkt, aber nicht der entscheidende. Frauen fällt es manchmal schwer, Familie und Beruf unter einen Hut zubringen. Das ist aber eindeutig ein strukturelles und kein individuelles Problem.
 

Zingl: Das hört man sehr oft. Work-Life-Balance wird immer wichtiger, wie können Familie und Karriereplanung unter einen Hut gebracht werden. Sie selbst sind Mutter. Was sind denn aus Ihrer Sicht die Maßnahmen, die Frauen am besten dabei unterstützen, Familie und Beruf zu vereinbaren?

Steiner: Auf jeden Fall Flexibilität und Homeoffice. Bis vor zwei Jahren war das, außer bei internationalen Unternehmen, kaum etabliert. Ich bin überzeugt, langfristig wird es Frauen und überhaupt Familien helfen, Berufstätigkeit und Familie besser unter einen Hut zu bekommen.
 

Zingl: Sie sprechen von Flexibilität. Meinen Sie damit die Flexibilität auf Seiten des Unternehmens oder auf Seite der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen?

Steiner: Die Familie mit der Arbeit zu vereinbaren, erfordert eine Menge Organisation, Improvisation und Flexibilität, und dafür braucht man eine Atmosphäre am Arbeitsplatz, die das unterstützt. Es liegt an Unternehmen und Beschäftigten.
 

Zingl: Welche Maßnahmen gibt es denn bei der VKB-Bank?

Steiner: Dort wo es möglich ist, sind wir pandemiebedingt auf Homeoffice-Lösungen umgestiegen. Das wurde sehr gut angenommen und funktioniert in den zentralen Bereichen herausragend. Hybrides Arbeiten möchten wir deshalb unabhängig vom Pandemieverlauf weiterhin anbieten. Damit unsere Mitarbeiter Familie und Beruf besser vereinbaren können, versuchen wir, flexibel mit Teilzeitmodellen zu arbeiten. Natürlich ist das nicht die einzige Maßnahme, wir haben zum Beispiel in der Nähe unseres Büros in Linz fixe Plätze in einer Krabbelgruppe, um unsere Mitarbeiter bei der Kinderbetreuung zu unterstützen. Ganz hoch priorisieren wir im neuen Vorstandsteam die Karriereförderung von Frauen, und ich bin zuversichtlich, dass das ein voller Erfolg wird.
 

Zingl: Haben Sie dazu konkrete Pläne?

Steiner: Ja, man muss bei der Umsetzung aber ein wenig differenzieren. Auf der einen Seite möchten wir die Frauen, die bereits im Unternehmen sind, fördern. Dazu möchten wir zum Beispiel ein Mentoring-Programm ins Leben rufen. Gleichzeitig müssen wir bei der internen Nachbesetzung von offenen Führungspositionen stärker darauf achten, ob es nicht auch geeignete weibliche Kandidatinnen gäbe, denen man diese Stelle anbieten kann. Auf der anderen Seite müssen wir beim Recruiting viel mehr auf Frauen zugehen und sie dazu ermutigen, bei uns den nächsten Schritt zu wagen.
 

Zingl: Frauen in Führungspositionen kämpfen immer wieder mit Vorurteilen, die ihren Führungsstil betreffen. Sehen Sie unterschiedliche Führungsstile bei Frauen und Männern?

Steiner: Nein, die sehe ich nicht. Vielleicht setzen Frauen und Männer unterschiedliche Schwerpunkte. Grundsätzlich ist Führungsverhalten aber immer etwas sehr Individuelles.
 

Zingl: Wie wichtig finden Sie gender-diverse Teams?

Steiner: Sehr wichtig, es gibt ja bereits zahlreiche Studien, die zeigen, dass Teams aus Frauen und Männern wesentlich besser performen als Teams, in denen zum Beispiel nur Männer arbeiten.
 

Zingl: Wenn wir in die Zukunft schauen – wie werden sich die Karrierewege von Frauen in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren verändern?

Steiner: Es wird für Frauen selbstverständlicher werden, Führungspositionen zu besetzen. Ich bin überzeugt davon, dass auch Männer immer mehr Aufgaben in der Familienarbeit übernehmen. Dementsprechend muss ein familienfreundliches Klima geschaffen werden, das es Frauen und Männern ermöglicht, Karriere und Familie zu vereinen. Das betrifft nicht nur den Arbeitsplatz, sondern uns als Gesellschaft. Um Frauen in ihrer Karriere den Rücken zu stärken, müssen wir gleichzeitig das Engagement von Männern bei Betreuungs- und Familienangelegenheiten stärken und sie dazu ermutigen, Karenz- und Teilzeitlösungen in Betracht zu ziehen.
 

Zingl: Das deckt sich mit Erkenntnissen aus unseren Umfragen. Nur vier Prozent der Männer im Bankenbereich nehmen aktuell Karenz in Anspruch, und selbst wenn, fällt diese wesentlich kürzer aus.

Steiner: Im internationalen Vergleich ist die Karenzzeit in Österreich sehr lange. Oft sehen sich Mütter in Österreich trotzdem mit dem Vorwurf der Rabenmutter konfrontiert, wenn sie nur eine kurze Zeit in Karenz gehen. Das muss sich ändern.
 

Zingl: Müssen Banken bei Themen wie Employer Branding und Talent Attraction anpassungsfähiger werden?

Steiner: Wir sehen, dass es schon jetzt einen hohen Bedarf an qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im österreichischen Bankenbereich gibt. Das Problem ist aber nicht, dass es zu wenig qualifizierte Arbeitskräfte gibt, sondern dass die vorhandenen Potenziale nicht ausreichend genutzt werden. Der Schlüssel liegt, denke ich, in der Flexibilität. Je besser wir auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter in zeitlicher, räumlicher oder anderer Hinsicht eingehen können, desto besser können sie ihr Potenzial entfalten und ihren Qualifikationen und Fähigkeiten Ausdruck verleihen.
 

Zingl: Wird es Veränderungen für Kundinnen und Kunden geben?

Steiner: Ob bei der Kontoführung oder der Kommunikation, ohne die Digitalisierung wird es nicht gehen. Gerade bei komplexen Produkten wird die persönliche Beratung aber weiterhin im Vordergrund stehen.