FACT – FINDING – FINANCE

Im Gespräch mit Christoph Wiederkehr, MA

Finanz- und Wirtschaftsbildung wird Pflichtprogramm: Bildungsminister Wiederkehr über neue Lehrpläne, das geplante Schulzertifikat und Unternehmergeist im Klassenzimmer.

Warum bekommt Finanz- und Wirtschaftsbildung gerade jetzt so viel Aufmerksamkeit?

Weil es höchste Zeit ist! Wer heute als junger Mensch sein erstes Online-Konto hat, sollte auch wissen, was ein Zinssatz ist – oder, dass „Buy now, pay later“ keine Gratisaktion ist. Im Regierungsprogramm steht klar: Finanzbildung und Entrepreneurship Education müssen noch stärken in den Unterrichtsalltag! Und mir persönlich ist das ein wichtiges Anliegen.
 

Was tut sich konkret im Schulunterricht?

Viel! Der Themenbereich ist sehr dynamisch und befindet sich in stetiger Entwicklung! In der Volksschule, Mittelschule und AHS-Unterstufe sind neue Lehrpläne bereits in Kraft. Die entsprechenden Inhalte finden Eingang in verschiedene Fächer und Bereiche, beispielsweise im Sachunterricht, in Geografie und wirtschaftliche Bildung oder in übergreifenden Themen wie Finanz-, Wirtschafts- und Verbraucher/innenbildung sowie in Entrepreneurship Education. Jetzt gilt es, diese Inhalte kreativ an allen Schulstandorten umzusetzen. Ob mit Börsenspielen, digitalen Tools oder Klassengesprächen über Taschengeld – Hauptsache lebensnah.
 

Sie haben jetzt „nur“ die Unterstufe angesprochen. Wie geht es in der Oberstufe weiter?

Mit einem klaren Fokus auf „Mehr davon“ wird die Finanz- und Wirtschaftsbildung sowie die Entrepreneurship Education in der AHS-Oberstufe und in den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen weiter ausgebaut. Ab dem Schuljahr 2027/28 treten neue Lehrpläne in Kraft, die diese Themenbereiche langfristig stärken sollen. Doch bereits schon jetzt sollen diese Inhalte stärker eingebracht werden – wir stellen hier gemeinsam mit unterschiedlichen Partnerinnen und Partnern Materialien zur Verfügung und bieten entsprechende Fort- und Weiterbildungsangebote an! Unabhängig davon, ob jemand später ein Unternehmen gründet, in der Landwirtschaft tätig ist oder im Sozialbereich arbeitet, sind wirtschaftliches Denken und Gestaltungskompetenz heutzutage essenzielle Fähigkeiten. Sie gehören zur Grundausstattung, um in einem dynamischen und komplexen Umfeld erfolgreich zu agieren.
 

Aber wie möchten Sie Schulen motivieren, sich hier rasch zu engagieren?

Wir setzen auf positive Anreize – und auf echte Sichtbarkeit. Bereits im Laufe des kommenden Schuljahres starten wir gemeinsam mit dem Bundesministerium für Finanzen, der Österreichischen Nationalbank und der Stiftung für Wirtschaftsbildung ein Schulzertifikat zum Thema „Finanz-, Wirtschafts- und Verbraucher/innenbildung“. Dieses Zertifikat ist ein konkretes, niederschwelliges Angebot an alle Schulen – im ersten Ausbauschritt der Sekundarstufe I -, die sich freiwillig intensiver mit Finanz- und Wirtschaftsbildung beschäftigen wollen.

Es geht uns darum, Engagement zu würdigen und sichtbar zu machen: Schulen, die hier mit gutem Beispiel vorangehen, werden ausgezeichnet – und damit auch ermutigt, das Thema nachhaltig und kreativ im Schulalltag zu verankern. Das kann ganz unterschiedlich aussehen: durch fächerübergreifende Projekte, durch Nutzung externer Bildungsangebote, durch eigene Unterrichtsschwerpunkte oder durch gezielte Fortbildungen der Lehrkräfte.

Das Zertifikat ist aber nicht nur eine Auszeichnung – es ist auch ein Impulsgeber: Es zeigt, wie moderne Bildung auf aktuelle Herausforderungen reagieren kann. Und es signalisiert den Eltern und der Schulgemeinschaft: Diese Schule nimmt Zukunftskompetenzen ernst. Ich bin mir sicher, dass viele Schulen diesen Weg gehen – für mehr Gestaltungsfreude, mehr Finanzwissen und mehr Selbstvertrauen bei den jungen Menschen.
 

Was sagen Sie jemandem, der meint: „Das können die Kinder später lernen – in der Schule sollten sie vor allem lesen, schreiben und rechnen erlernen!“

Lesen, Schreiben und Rechnen sind absolut grundlegend – aber genau deshalb gehört Finanz- und Wirtschaftsbildung mit dazu. Denn was nützt das Rechnen, wenn man nicht versteht, was Zinsen, Rabatte oder Verträge im Alltag bedeuten? Und was nützt das Lesen, wenn man Werbebotschaften oder Finanzangebote nicht kritisch hinterfragen kann?

Finanzkompetenz beginnt ganz früh: mit der Frage „Was kostet ein Eis?“, „Wie teile ich mein Taschengeld ein?“ oder „Warum ist etwas teuer oder billig?“. Diese Alltagssituationen sind perfekte Lernmomente – und sie nehmen im digitalen Zeitalter rasant zu: In-App-Käufe, Online-Shopping, Kryptowerbung auf Social Media – Kinder und Jugendliche brauchen früh ein Fundament, um hier sicher und selbstbestimmt agieren zu können.

Deshalb ist für mich ganz klar: Finanzbildung ist keine Kür, sondern Teil der Lebensbildung. Wir wollen Schulen nicht überfordern, sondern unterstützen. Wir sammeln und gestalten mit zahlreichen Partnerinnen und Partnern hier gute Ideen und Initiativen – wie etwa den „Next Generation Award – das Fest der Ideen“, bei dem Jugendliche mit tollen Ideen Businesspläne entwickeln – und bündeln all diese Angebote noch zentraler in der Eduthek, dem Online-Portal für Unterrichtsmaterialien des Bildungsministeriums. Dort sind Materialien nach Schulstufe, Lehrplan und Kompetenzbereich geordnet. Damit jede Lehrkraft – vom Sachunterricht in der Volksschule bis zur Sekundarstufe II – schnell das findet, was wirklich hilft.
 

Wordrap mit Christoph Wiederkehr

Mit meinem ersten selbst verdienten Geld habe ich... Süßigkeiten gekauft.

Meine Eltern haben mir in Geldfragen immer geraten... mehr einzunehmen als auszugeben.

Am liebsten bezahle ich mit... der Bankomatkarte.

Auf mein Konto schaue ich... regelmäßig.

Kryptowährungen bedeuten für mich... eine Innovation im Finanzbereich.

Mein persönlicher Tipp für den Umgang mit Finanzen ist... sparen.

Finanzbildung ist wichtig, weil... sie Menschen dazu befähigt, verantwortungsbewusst mit Geld umzugehen, wirtschaftliche Zusammenhänge zu verstehen, ihre finanzielle Zukunft zu planen und aktiv sowie selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.