Der Weltfrauentag ist ein guter Anlass, um den Status-Quo im Hinblick auf Geschlechtervielfalt in den Mitgliedsinstituten des Bankenverbands zu erheben und sich der klassischen Frage zu widmen: „Ist Chancengleichheit in Banken verwirklicht und welchen Mehrwert bringt Geschlechtervielfalt für ein Unternehmen?“ Wir haben dazu eine Umfrageserie gestartet. Hier ein Preview zu ersten Ergebnissen.

Schon seit Jahren weisen internationale Studien auf einen positiven Zusammenhang zwischen gemischten Führungsteams und dem wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens hin. So beschäftigt sich u. a. McKinsey regelmäßig mit diesem Thema: Bereits 2007 wurde in einer Studie festgestellt, dass eine „Korrelation zwischen (einem ausreichend hohen Anteil an) Frauen in Führungspositionen und der finanziellen Performance von Unternehmen“ gegeben ist. [1] Im Jahr 2020 wurde eine Studie mit den Worten „Zusammenhang zwischen Diversität und Geschäftserfolg so deutlich wie nie“ präsentiert. [2] Ähnliche Studien belegen, dass eine „kritische Masse an weiblichen Führungskräften [...] einen Einfluss sowohl auf die sozialen Interaktionen innerhalb einer Organisation als auch auf die Performance“ des Unternehmens hat. [3]

Im Zuge der Gender Diversity Initiative hat der Bankenverband eine Umfrageserie bei seinen Mitgliedsinstituten gestartet.[4] Im ersten Schritt wurden grundlegende Kennzahlen, u. a. das Verhältnis weiblicher und männlicher MitarbeiterInnen per se, die Anzahl der Frauen in Vorständen und in Aufsichtsräten, das Verhältnis der Frauen und Männer in Teilzeit und Vollzeit sowie männliche und weibliche Führungskräfte in Karenz erhoben.  

 

Erste Fortschritte mit viel Potenzial

Vorweg fällt auf, dass sich der Anteil von Männern und Frauen, die in den Mitgliedsbanken des Bankenverbandes arbeiten, seit 20 Jahren annähernd die Waage hält. So sind seit dem Jahr 2000 kontinuierlich etwas mehr als 50 Prozent aller Beschäftigten in Banken Frauen, etwas weniger als 50 Prozent Männer. Blickt man hingegen auf die Top-Führungspositionen in Banken, zeigt sich nicht mehr ein derart ausgewogenes Bild.

Zehn Prozent der Vorstandsposten in den Mitgliedsinstituten des Bankenverbandes sind aktuell mit Frauen besetzt. „Das ist ein Anfang, aber im Sinne eines ausgewogenen Verhältnisses der Geschlechter in Führungsetagen ist jedenfalls Steigerungspotential vorhanden“, meint Doris Zingl, die gemeinsam mit Valeska Grond-Szucsich die Gender Diversity Initiative des Bankenverbandes koordiniert, „die Tendenz der letzten Jahre ist die richtige, denn vor zehn Jahren lag der Anteil der Frauen, die eine Vorstandsposition besetzten, bei sechs Prozent.“

Deutlich höher ist der Anteil von Frauen in Aufsichtsräten. Dieser liegt bei unseren Mitgliedsbanken aktuell bei rund 30 Prozent. „Hier hat sich der Anteil im Vergleich zu 2010 verdreifacht“, so Valeska Grond-Szucsich, „es ist schön zu sehen, dass die Initiativen der letzten Jahre zur Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten Wirkung zeigen. Das ist wohl darauf zurückzuführen, dass es speziell im Bereich der Aufsichtsräte schon seit Längerem Initiativen zur Erhöhung des Frauenanteils gibt und diese bereits Wirkung gezeigt haben.“

 

Männer entdecken die Teilzeitbeschäftigung

Die Auswertung unserer Umfrage zeigt weiters, dass sich der Anteil der Teilzeitbeschäftigten [5] im Verhältnis zu Vollzeitbeschäftigten insgesamt von zehn Prozent im Jahr 2000 auf rund 30 Prozent im Jahr 2020 erhöht hat. Vergleicht man den Anteil von Männern und Frauen in Vollzeit und Teilzeit, sieht man auf den ersten Blick: Der Anteil der Männer in Teilzeit ist zwar in den letzten zwanzig Jahren durchgängig immer geringer als der Anteil der Frauen, die Teilzeit arbeiten, aber immer mehr Männer entdecken die Teilzeit für sich. So zeigt eine Vergleichsgrafik, dass im Jahr 2000 lediglich ein Prozent aller in unseren Banken beschäftigten Männer in Teilzeit arbeiteten, während es 2020 schon rund 11 Prozent waren. Auch bei den Frauen steigt die Teilzeitbeschäftigung: Arbeiteten im Jahr 2000 18 Prozent aller Mitarbeiterinnen in Teilzeit, sind es 2020 bereits 46 Prozent. Grond-Szucsich: „Obwohl die Frauen weiterhin führend sind, wenn es um Teilzeitarbeit geht, holen die Männer auf. Auch hier zeigen sich die strukturellen Änderungen im Arbeitsalltag – Stichwort Work-Life-Balance.“

 

Mehrwert der Geschlechtervielfalt im Unternehmen

Gender Diversity lässt sich auch in anderen Zahlen messen, denn sie hat keineswegs nur ideellen Wert. Sie folgt auch ökonomischer Raison, mehr Vielfalt im Führungsteam führt oft zur besseren Gesamtperformance einer Bank. Geschlechterdiverse Führungsteams können mit den Herausforderungen der heutigen Arbeitswelt besser umgehen. Sie stellen Fragen aus unterschiedlichen Blickwinkeln und finden vielseitigere Antworten. „Gemischte Führungsteams haben eine Innen- und eine Außenwirkung“, ist Doris Zingl überzeugt, „Meinungspluralität bei der Entscheidungsfindung im Unternehmen führt einerseits zu einer Vielfalt der Perspektiven und bietet eine höhere Wahrscheinlichkeit, strategische Fehler zu vermeiden. Andererseits hat eine vielfältige Führungsmannschaft eine moderne Außenwirkung, da sie von einer partizipativen Unternehmenskultur zeugt.“

Aber auch in Sachen Kundenorientierung kann ein Unternehmen mit Geschlechtervielfalt punkten.  „Wenn die demographische Struktur in den Führungsetagen abgebildet ist, dann versteht man die Bedürfnisse seiner Kundinnen und Kunden besser“, ergänzt Valeska Grond-Szucsich, „die damit verbundene realistischere Situations- und Umfeldeinschätzung geht Hand in Hand mit einer verbesserten Kunden- und Serviceorientierung.“

Weitere Ergebnisse der bankenverbandsinternen Umfrage werden in den kommenden Wochen und Monaten veröffentlicht. Zusätzlich unterstützt der Bankenverband seine Gender Diversity Initiative mit Diskussionsrunden, Mitgliederveranstaltungen und Öffentlichkeitsarbeit.
 

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[1] Auszugsweise zitiert aus: Gstrein, Michaela und Kirchner, Susanne. 2013. Frauen in Führungspositionen & finanzielle Performance. Studie im Auftrag des erp-Fonds. Institut für Höhere Studien (IHS), Wien. Seite iv.

[2] https://www.mckinsey.de, Presseaussendung vom 19.5.2020, abgefragt am 6.3.2021

[3] Auszugsweise zitiert aus: Gstrein, Michaela und Kirchner, Susanne. 2013. Frauen in Führungspositionen & finanzielle Performance. Studie im Auftrag des erp-Fonds. Institut für Höhere Studien (IHS), Wien. Seite iv.

[4] Umfrage bei 16 Mitgliedsbanken des Bankenverbandes, die im Vorstand des Bankenverbandes vertreten sind. Ausgewertet wurden für Themen im Zusammenhang mit Führungskräften die Ergebnisse von 12 Mitgliedsbanken, marktanteilsmäßig repräsentativ für sämtliche Mitglieder des Bankenverbandes. Für die Erhebung aller Mitarbeitenden und der Teilzeitbeschäftigten wurden die Zahlen aller Verbandsmitglieder herangezogen. Mitglieder des Bankenverbandes siehe hier: https://www.bankenverband.at/mitgliederbereich/mitglieder/  

[5] Teilzeitbeschäftigte inklusive Elternteilzeit und Altersteilzeit